Die Tribüne ist eines der traditionsreichsten Privattheater Berlins: 1919 wurde sie als politisch-expressionistische Bühne eröffnet, ihren ersten Erfolg feierte sie mit der Uraufführung von Ernst Tollers „Die Wandlung” mit dem jungen Fritz Kortner in der Hauptrolle.
In ihrem Eröffnungsheft stellte die künstlerische Leitung dieses neuen Theaters ihre Ziele vor:
„Wir überreichen diese Ausführungen mit der Bitte, uns ihr Interesse, Ihre persönliche Anteilnahme sowie ihre tätige Unterstützung angedeihen zu lassen. Die von uns gegründete 'Tribüne' soll ein Theater neuer Form sein, in dem der Versuch gemacht wird, einen dem veränderten Zeitbewusstsein entsprechenden Ausdrucksstil für das Bühnenkunstwerk zu finden. In einer völlig neuen Lösung des Problems des Theaterraums sehen wir die Möglichkeit, den Theatergenuss zu seinem eigentlichen Sinn zurückzuführen: Zur Vergeistigung gesitteter Hörer, zu unmittelbarer und tiefstgreifender Übermittelung des Dichtwerks, zur Erschaffung der Kultusstätte einer geistigen Gemeinschaft.”
Das Programm für die ersten Monate wurde demgemäß engagiert gestaltet: neben weiteren Uraufführungen zeitgenössischer Werke, u. a. von Walter Hasenclever, lasen Else Lasker-Schüler und Stefan Zweig aus ihren Werken und zelebrierten die Berliner DADAisten um George Grosz, John Heartfield, Wieland Herzfelde, Richard Huelsenbeck und Walter Mehring gefeierte Publikumsbeschimpfungen.
Die 20er und 30er Jahre: von Eugen Robert bis Rudolf Platte
Die künstlerischen und politischen Ambitionen der künstlerischen Leitung ließen sich jedoch wirtschaftlich nicht lange umsetzen, schon im Dezember 1919 wurde die Tribüne von einem Fachmann für Unterhaltungstheater, Eugen Robert, übernommen (zu den ‘Robert-Bühnen’ gehörten später auch das Theater am Ku’damm und das Café „Größenwahn“). Robert leitete das Theater bis 1933, als er nach London fliehen musste. Neben dem Unterhaltungstheater gab es in den zwanziger Jahren aber auch Inszenierungen von Erwin Piscator und Jürgen Fehling unter anderem mit Heinrich George und der jungen Marlene Dietrich.
Mitte der dreißiger Jahre war für eine Spielzeit Rudolf Platte Leiter der Tribüne, anschließend wurde sie bis Ende des Zweiten Weltkrieges von der Schauspielschule des Deutschen Theaters genutzt.
Nach dem Krieg: Viktor de Kowa und Frank Lothar
Am 1. Juni 1945 wurde die Tribüne als erstes Berliner Theater nach dem Zweiten Weltkrieg unter der Leitung von Victor de Kowa wiedereröffnet: mit einem Kleinkunstprogramm in der Conférence von Hildegard Knef. Fünf Jahre unterhielt de Kowa sein Publikum mit Literaturtheater und gekonntem Boulevard. Von 1950 bis 1972 führte Frank Lothar diesen Balanceakt zwischen gängiger Unterhaltung und anspruchsvoller Literatur fort. Zum 50-jährigen Bestehen der Tribüne am Ende der Lothar-Ära 1969 zog Hans-Jörg Jena im Spandauer Volksblatt Bilanz:
„Die Tribüne hat es mittlerweile ein wenig schwer. Das gesellschaftskritisch-politische Stück ist nach Kreuzberg zur Schaubühne gewandert, die Szenenspieler und Absurden haben am Kurfürstendamm im Forum-Theater ihre Heimstatt gefunden. Was bleibt dem Haus an der Otto-Suhr-Allee? Immer noch genug: die zeitgenössische, gehaltvolle Komödie; der Platz einer Dramatikerwerkstatt, die Wiederentdeckung von Autoren, an die man glaubt … Eine kleine Bühne kann sich immer nur durch Geist rechtfertigen.“
Nach künstlerischen und somit auch finanziellen Schwierigkeiten musste Frank Lothar 1972 aufgeben, Horst A. Hass, Hugo Affolter und Klaus Sonnenschein übernahmen die Leitung. Zur Führungsriege gehörten auch Ingrid Keller und Rainer Behrend, die 1978 mit Klaus Sonnenschein in die Direktion eintraten und nach dessen Ausscheiden 1997 das Theater leiteteten.
Heute
Seit dem 20.09.2009 ist der Hamburger Regisseur Gunnar Dreßler neuer künstlerischer Leiter der Tribüne. Dreßlers Interesse gilt einem Theater, das wieder zeitgenössisch ist. Am Anfang steht eine gute, packende Geschichte. Am Ende ein Theaterabend, der den Besucher mit seiner Authentizität und Emotionalität berührt. Für die „neue“ Tribüne ist ein Programm geplant, das der Tradition des Hauses Rechnung trägt und die Balance zwischen Anspruch und intelligenter Unterhaltung meistert – eindringliches, modernes Sprechtheater.
Ein besonderer Akzent wird dabei sowohl auf Uraufführungen liegen, auf eigens für die „Tribüne“ geschriebenen Stücke, als auch auf Adaptionen von Filmen und Romanen. ...weniger
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